Bewertung
Die als Migration bezeichneten Stoffübergänge aus Verpackungen und anderen Bedarfsgegenständen in Füllgüter sind rechtlich streng geregelt. Hierfür existieren sowohl europäische Verordnungen, Richtlinien und Resolutionen als auch nationale Verordnungen, Empfehlungen und Leitfäden.
So gilt u.a. für Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, seit dem 27.10.2004 die Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates. Unter Artikel 3 (1) werden folgende allgemeine Anforderungen an alle Verpackungen für Lebensmittel gestellt:
Materialien und Gegenstände, einschließlich aktiver und intelligenter Materialien und Gegenstände, sind nach guter Herstellungspraxis („GMP“) so herzustellen, dass sie unter den normalen oder vorhersehbaren Verwendungsbedingungen keine Bestandteile auf Lebensmittel in Mengen abgeben, die geeignet sind,
a) die menschliche Gesundheit zu gefährden
oder
b) eine unvertretbare Veränderung der Zusammensetzung der Lebensmittel herbeizuführen
oder
c) eine Beeinträchtigung der organoleptischen Eigenschaften der Lebensmittel herbeizuführen.
Die gute Herstellerpraxis wird dabei über die Verordnung (EG) 2023/2006 der Kommission geregelt.
Artikel 5 der Rahmenverordnung beschreibt, für welche unter ANNEX I definierte Gruppen dies gelten soll: 1. Aktive und intelligente Materialien und Gegenstände: 2. Klebstoffe; 3. Keramik; 4. Kork; 5. Gummi; 6. Glas; 7. Ionenaustauscherharze; 8. Metalle und Legierungen; 9. Papier und Karton; 10. Kunststoffe; 11. Druckfarben; 12. Regenerierte Cellulose; 13. Silikone; 14. Textilien; 15. Lacke und Beschichtungen; 16. Wachse; 17. Holz. Für diese Gruppen können Einzelmaßnahmen erlassen werden. Zudem wird festgelegt, dass derartige Einzelmaßnahmen u.a. ein Verzeichnis der für die Verwendung bei der Herstellung von Materialien und Gegenständen zugelassenen Stoffe, Migrationsgrenzwerte und grundlegende Vorschriften zu deren Kontrolle, Vorschriften zur Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit enthalten sollen. Diese Verordnung hindert gemäß Artikel 6 die Mitgliedstaaten nicht daran, wenn keine Einzelmaßnahmen im Sinne des Artikels 5 ergriffen wurden, nationale Vorschriften beizubehalten oder zu erlassen, sofern diese mit den Vertragsbestimmungen in Einklang stehen. Beispielhaft sollen hier die „Empfehlungen“ des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) genannt werden.
Als das am besten regulierte Lebensmittelkontaktmaterial ist der Kunststoff zu nennen, der der Kunststoffverordnung (EU) 10/2011 der Kommission entsprechen muss. In dieser Verordnung werden folgende unterschiedliche Möglichkeiten der Konformitätsprüfung genannt:
- Bestimmung der Gesamt- bzw. Globalmigration unter speziellen „OM“-Bedingungen auf Einhaltung des Globalmigrationsgrenzwertes („OML“);
- Bestimmung der spezifischen Migration in Lebensmittelsimulanzien unter „SML“-Bedingungen zur Überprüfung des substanzspezifischen Migrationsgrenzwertes („SML“);
- Bestimmung des Restgehaltes der Substanz;
- Ersetzung der spezifischen Migration durch die Gesamtmigration, wobei die Migrationsbedingungen identisch sein müssen;
- Annahme einer 100% igen Migration der Substanz;
- Mathematische Modellierung der Migration unter Anwendung allgemein anerkannter, auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierender Diffusionsmodelle.
Zur Überprüfung der Konformität untersucht FABES die Migration aus der Verpackung in das Füllgut. Dazu werden bevorzugt sogenannte Lebensmittelsimulanzien verwendet, einfache Testmedien, die Lebensmittel und durch ihr Verhalten die Migration aus Lebensmittelkontaktmaterialien nachahmen. Ein Beispiel stellt das Simulanz Ethanol 50% für Milchprodukte dar. Eine Prüfung beinhaltet häufig die Bestimmung der Gesamtmigrationen, Screenings auf „NIAS“ und, sofern notwendig, spezifische Migrationen von Substanzen. NIAS sind dabei nach der Verordnung 10/2011 unbeabsichtigt eingebrachte Substanzen wie Verunreinigung in den verwendeten Substanzen oder ein Reaktionszwischenprodukt, das sich im Herstellungsprozess gebildet hat, oder ein Abbau- oder Reaktionsprodukt. Weitere Analysen sind vom Probenaufbau, der Probenmatrix bzw. dem Ziel der Untersuchung abhängig. Eine Bewertung erfolgt auf Basis der analysierten Migrationsmengen und entsprechender „Positivlisten“(Kunststoff: „Unionsliste“), die Substanzen enthalten, deren Einsatz teilweise nur mit Einschränkungen erlaubt ist. Unter Umständen erfolgt eine weitere Risikoabschätzung, z.B. mittels dem „TTC-Konzept“ der EFSA.
Dasselbe Vorgehen gilt neben Papieren, Kartons und Materialien aus Pappe für andere Bedarfsgegenstände wie Kosmetik- oder pharmazeutische Verpackungen. Dabei ist die Kenntnis oder eine Vorstellung der „worst case“-Kontaktbedingungen der Verpackung oder des Kontaktmaterials wichtig, da davon die Migrationsbedingungen abhängen.
FABES untersucht die oben erwähnten Materialien in Hinblick auf die entsprechenden Reglementierungen und erstellt die Konformitätsbescheinigungen bzgl. des Migrationsverhaltens.
Wenn Sie das Ziel haben, eine Substanz in die Unionsliste zu bringen, dann kann FABES nicht nur die Migration und den Anfangs- bzw. Restgehalt gemäß den Vorgaben der Europäischen „Note for Guidance“ bestimmen, sondern auch in enger Kooperation mi Ihnen das komplette Dossier zusammenstellen, das der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) zur Bewertung zur Verfügung gestellt wird.
Dies ist ebenfalls für Substanzen möglich, die bei der Herstellung von Materialien eingesetzt werden, welche für den Kontakt mit Trinkwasser bestimmt sind. In diesem Fall gelten die Leitlinien des deutschen Umweltbundesamtes (UBA), die ebenfalls Migrationsbestimmungen oder mathematische Abschätzungen (Modellings) sowie Anfangs- bzw. Restgehaltsbestimmungen beinhalten. Dies kann im Rahmen einer Prüfung auf Konformität oder im Rahmen der Einreichung eines Dossiers geschehen, sofern eine bestimmte Substanz in eine UBA-Liste aufgenommen werden soll.
Sofern Substanzen zugelassen werden sollen, die z.B. in Beschichtungen oder Papiermaterialien eingesetzt werden sollen, ist ein dem EFSA-Dossier entsprechendes Dossier an das BfR zu schicken.
Für Lebensmittelkontaktmaterialien, die auf FDA-Konformität getestet werden sollen, gilt eine differenzierte Vorgehensweise. Abhängig von der Fragestellung basiert eine FDA-Untersuchung auf Rezepturüberprüfungen, oben genannten Untersuchungen und/oder Extraktionen („Endprüfungen“), die gemäß der 21CFR („Code of Federal Regulation“) auszuführen sind. Sofern ein Rezepturbestandteil nicht unter der 21CFR gelistet ist, sollte eine umfangreiche „Food Contact Notification (FCN) bei der amerikanischen Behörde FDA eingereicht werden, die das Einsatzgebiet der Substanz, dessen Analyse, Migration und Toxizität beschreibt. Die FDA überprüft und billigt, sofern möglich, die Verwendung der Substanz.
Andere Länder, wie z.B. die Schweiz oder China, lehnen sich an die EU oder FDA-Vorgaben an.